KI-Regulierung durch die EU: Studie zeichnet Zukunftsszenario

Foto von Alexey Larionov auf Unsplash

Jedes Unterehmen beschäftigt sich derzeit in der ein oder anderen Form mit KI, doch die neue Technologie bringt zahlreiche Herausforderungen mit sich, die noch nicht ansatzweise geklärt sind. Vor allem: was dürfen KI-Anbieter und was dürfen sie nicht? Eine Studie im Auftrag der EU zeichnet ein mögliches Zukunftsszenario, wie KI künftig reguliert werden könnte.

“Die aktuelle EU-Ausnahme für Text- und Data-Mining (TDM) wurde nicht entwickelt, um der expressiven und synthetischen Natur des Trainings generativer KI Rechnung zu tragen, und ihre Anwendung auf solche Systeme birgt das Risiko, den Zweck und die Grenzen der EU-Urheberrechtsausnahmen zu verzerren.”

Was gerade unter der Oberfläche verhandelt wird, ist nichts weniger als ein Systembruch. Die im Juli 2025 veröffentlichte Studie im Auftrag des Europäischen Parlaments zeigt auf: Die Art und Weise, wie generative KI aktuell trainiert und eingesetzt wird, steht im Widerspruch zu den Grundprinzipien des europäischen Urheberrechts.

Die bestehenden Ausnahmen, etwa für Text- und Data-Mining, sind nicht für generative Modelle gemacht worden und müssen entsprechend angepasst werden. Die Konsequenz daraus wäre weitreichend – nicht nur für europäische Urheber, sondern vor allem für das gesamte Geschäftsmodell der großen US-amerikanischen KI-Anbieter, die sich gerade mit einer nie zuvor dagewesenen Geschwindigkeit ausbreiten.

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Wenn die Vorschläge aus der Studie politisch tatsächlich umgesetzt werden, könnten KI-Systeme wie GPT, Claude oder Gemini nicht länger unbegrenzt auf Inhalte aus Europa zugreifen, um daraus synthetische Antworten, Bilder oder Musik zu generieren. Das Internet als kostenlose Trainingsfläche wäre damit schneller wieder Geschichte als der Siegeszug von ChatGPT. Gleichzeitig gilt es, technologische Entwicklungen nicht aufzuhalten. Diese müssen aber auf Basis bestehender rechtlicher Rahmenbedingungen entwickelt werden, auch wenn die aktuelle US-Regierung diese Rahmenbedingungen am Liebsten abwickeln möchte.

Die Regulierung von KI-Technologie ist also ein hochpolitisches Thema und eines, das sich für Gegner der EU eignet, auf die vermeintlich regulierungswütige EU einzuhauen. Doch Regulierung bedeutet vor allem: einen fairen Interessensausgleich.

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“Die richtige Antwort besteht nicht darin, das Urheberrecht an die KI anzupassen, sondern sicherzustellen, dass die KI-Entwicklung die rechtlichen und politischen Kernprinzipien des EU-Urheberrechts respektiert, einschliesslich Urheberschaft, Originalität und fairer Vergütung.”

Weg von der Regelungslücke, hin zu einem lizenzierten System

Die Studie schlägt eine dreiteilige Struktur vor: mehr Transparenz beim Training, verpflichtende Vergütung bei der Nutzung geschützter Inhalte und eine neue Aufsichtsbehörde zur Durchsetzung. Das klingt zunächst nach klassischer Regulierung. Tatsächlich aber würde diese Architektur das Ökosystem generativer KI von Grund auf verändern, vor allem in einem Bereich, der bisher bewusst unreguliert geblieben ist: der Suchfunktion.

Denn generative KI ist nicht nur ein Werkzeug zur Inhaltserstellung. Sie ersetzt zunehmend die klassische Suche. Wenn Nutzer sich statt auf Links auf direkte Textausgaben verlassen, wird Google nicht mehr als Index, sondern als Inhaltslieferant genutzt. Und genau hier liegt der Bruch: Wenn Inhalte synthetisch wiedergegeben werden – im Stil, in der Struktur, im Tonfall –, aber ohne Lizenz zur kommerziellen Verwertung der Inhalte und ohne Vergütung, entzieht sich das System der bisherigen Ordnung. Die EU erkennt das und muss handeln.

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Ein Szenario: So könnte Regulierung ab 2030 aussehen

Ein mögliches Zukunftsmodell sähe so aus: Wer ein KI-Modell in der EU trainieren will, muss vorab offenlegen, welche Inhalte dafür verwendet werden sollen. Rechteinhaber hätten die Möglichkeit, der Nutzung ihrer Werke per Opt-out klar und technisch wirksam zu widersprechen. Eine zentrale Datenbank beim EUIPO würde als Anlaufstelle dienen, in der Urheber ihre Inhalte registrieren und ihre Präferenzen hinterlegen, standardisiert und rechtlich abgesichert. Und wenn ein KI-Modell Outputs erzeugt, die faktisch Inhalte ersetzen oder deren Marktwert untergraben, wäre dafür eine Abgabe fällig.

Konkret: Wenn ein KI-System eine Zusammenfassung eines Zeitungsartikels liefert, ohne dass der Artikel selbst gelesen wird, wird eine Abgabe fällig. Wenn ein Musikgenerator Werke im Stil bestimmter Künstler erzeugt, greift dieselbe Logik. Bezahlt wird nicht nur für direktes Kopieren, sondern auch für funktionale Substitution.

Aktuell wird die Zitierung in KI-Antworten als neuer KPI kommuniziert, obwohl nachweislich kaum Klicks in KI-Systemen erzeugt werden. Durch diese Regeln könnten KI-Anbieter gezwungen werden, den zitierten Quellen wieder mehr Reichweite zu ermöglichen, durch prominent eingebundene Links und Vorschauen zu den Beiträgen, so wie in der klassischen Websuche. Ansonsten dürften viele von der Option Gebrauch machen, ihre Inhalte vor den Scrapern zu schützen.

Eine neue „KI- und Urheberrechts-Einheit“ würde diese Regeln durchsetzen mit Prüfpflichten, Auditkapazitäten und der Kompetenz, Trainingspläne zurückzuweisen. Die Rolle der EU wäre damit nicht mehr nur reaktiv, sondern aktiv steuernd.

“Um Innovation und die Rechte der Urheber in Einklang zu bringen, wird vom Europäischen Parlament erwartet, dass es Reformen anführt, die die sich entwickelnden Realitäten von Kreativität, Urheberschaft und maschinengeneriertem Ausdruck widerspiegeln.”

Worum es eigentlich geht: Kontrolle über kulturelle Infrastruktur

In Wirklichkeit ist diese Debatte längst kein rein urheberrechtliches Problem mehr. Es geht um Souveränität über digitale Infrastrukturen, über Sprache, über Öffentlichkeit. Generative KI verschiebt die Kontrolle über Informationsflüsse von den Inhalten hin zu den Modellen. Wer diese Modelle trainiert, bestimmt, was als „wahrscheinlich richtige“ Antwort ausgegeben wird, unabhängig davon, ob sie auf journalistischer Recherche, wissenschaftlicher Expertise oder bloßer Datenmasse basiert.

Aktuell liegt diese Macht faktisch bei einer Handvoll US-Unternehmen sowie eines chinestischen Staatskonzerns. Deren Geschäftsmodell: Inhalte aus dem offenen Netz aggregieren, in skalierbare Modelle einspeisen und als „eigene“ Services verkaufen, ohne Vergütung, ohne Lizenz, ohne Transparenz. Dass Google, Meta oder OpenAI bislang keine Vergütung zahlen, liegt nicht an technischen Hürden, sondern daran, dass es keine verpflichtenden Regeln gibt und die Chefs der großen KI-Konzerne mit der Regierung Trump am Tisch sitzen und dafür sorgen, dass es auch so bleibt.

Die EU würde mit der Umsetzung dieser Vorschläge also einen offenen Systemkampf risikieren.

Geopolitische Dimension: Systemkampf um Datenhoheit

“Die EU riskiert, ihre strukturelle Abhängigkeit von externen Akteuren zu vertiefen – was sowohl den Medienpluralismus als auch die kulturelle Souveränität untergräbt.”

Die USA haben die EU mehrfach vor einer zu strengen Regulierung gewarnt. Im Subtext steht dabei ein klares Interesse: Die Wettbewerbsfähigkeit der US-Techindustrie hängt an der Möglichkeit, Trainingsdaten in großem Umfang und ohne rechtliche Hürden zu nutzen. Eine Regulierung auf europäischer Ebene wäre nicht nur ein rechtliches, sondern ein strategisches Signal: Inhalte sind keine frei verfügbare Ressource mehr, sondern geistiges Eigentum mit ökonomischem Wert.

Wer aktuell ein einziges Bild oder einen Text im Netz ohne Erlaubnis der Urheber und ohne Quellenangabe veröffentlicht, muss mit einer Abmahnung und Kosten in vierstelliger Höhe rechnen. Für die größten Unternehmen der Welt gelten diese Spielregeln derzeit nicht. Das steht in einem krassen Missverhältnis.

China verfolgt längst einen anderen Kurs. Dort wird KI-Training zentral gesteuert, Inhalte werden kuratiert, Plattformen sind staatlich reguliert. KI-generierte Inhalte müssen dort transparent offengelegt und gekennzeichnet werden, sonst drohen hohe Strafen. Anders als in den USA ist man sich in China bewusst über die Gefahren eines völlig unregulierten KI-Markts.

Die EU liegt bisher irgendwo dazwischen, offen in der Nutzung, aber ohne eigenes Angebot. Die geplante Regulierung wäre ein Versuch, diesen Zustand zu beenden. Es geht darum, kulturelle und wirtschaftliche Kontrolle über eigene Inhalte zurückzugewinnen und eigenen Plattformen eine Chance zu geben, die nach demokratischen Regeln spielen. Und das ist eine Chance.

Risiken und Hürden: Der Weg ist lang – aber nicht unrealistisch

Natürlich ist das vorgeschlagene Modell nicht sofort umsetzbar. Eine Überarbeitung der Richtlinien wäre politisch anspruchsvoll. Große Plattformen würden lobbymäßig mobilisieren. Die technische Umsetzung eines Opt-out-Systems auf Web-Ebene ist technisch komplex. Und ohne internationale Koordinierung besteht immer das Risiko, dass Anbieter das Training einfach außerhalb der EU verlagern.

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Aber: Die vorgeschlagenen Maßnahmen bauen nicht auf hypothetischen Mechanismen, sondern auf bestehenden Modellen: kollektive Lizenzierung, Transparenzvorgaben, Rechtewahrnehmung via Register. Die Idee, Inhalte nicht mehr frei, sondern nur lizenziert nutzbar zu machen, ist ebenfalls längst etabliert. Dieses Recht auf den eigenen Inhalt müsste nur einfach durchsetzbar sein.

Der offene Zugriff auf europäische Inhalte steht zur Disposition

Sollte die EU die Empfehlungen dieser Studie ernst nehmen und in einen legislativen Prozess überführen, wird sich das Kräfteverhältnis zwischen Plattformen, Kreativen und der Öffentlichkeit verschieben. KI-Suche wäre nicht länger ein neutraler Service, sondern ein lizenzpflichtiger Zugangspunkt zu synthetischer Information.

Für Google, OpenAI oder Anthropic wäre das ein fundamentaler Eingriff. Für Urheber wäre es ein überfälliger Schritt zur Reetablierung kreativer Wertschöpfung. Und für die EU: ein geopolitisches Signal, dass geistige Arbeit auch künftig keine kostenlos verfügbare Ressource ist.

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Kontakt

Udo Raaf (Dipl. Kommunikationswirt) betreibt seit 1999 erfolgreich eigene Websites und gibt sein Wissen heute als strategischer Content- und SEO-Berater an Unternehmen, Agenturen und NPOs weiter.

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