Seit der Veröffentlichung im November 2022 hat sich ChatGPT rasant verbreitet. Bereits im Juli 2025 nutzten rund 700 Millionen Menschen den KI-Assistenten wöchentlich. Das entspricht etwa 10 Prozent der erwachsenen Weltbevölkerung. Keine andere Technologie hat sich je so schnell durchgesetzt – auch nicht das Smartphone oder soziale Netzwerke.
Trotz dieser enormen Verbreitung ist bisher wenig darüber bekannt, wie ChatGPT konkret genutzt wird. Eine neue Studie von Forschern der Harvard University, Duke University und OpenAI liefert nun erstmals belastbare Daten: Basierend auf mehr als einer Million anonymisierter Nutzerinteraktionen analysiert das Forschungsteam, wofür Menschen ChatGPT einsetzen, wer es nutzt und wie sich die Nutzung über Zeit verändert hat.
Die Ergebnisse zeichnen ein klares Bild: ChatGPT wird nicht nur am Arbeitsplatz verwendet, sondern immer stärker im Alltag. Drei große Anwendungsbereiche dominieren. Gleichzeitig zeigt sich, dass sich das Verhältnis zwischen “Fragen” und “Tun” verschiebt – mit weitreichenden Folgen für die Arbeitswelt und auch für Themen wie SEO und digitale Sichtbarkeit.
SEO Umfrage: Wie gut ist Ihr Unternehmen für SEO aufgestellt?
Inhalt
Die Arbeit rückt in den Hintergrund
Die Nutzung von ChatGPT hat sich seit 2024 stark verändert. Während anfangs viele Nutzer das Tool vor allem für berufliche Aufgaben verwendeten, zeigt sich inzwischen ein deutlicher Trend in Richtung privater Nutzung. Im Juni 2024 waren 53 Prozent der Interaktionen nicht arbeitsbezogen. Ein Jahr später liegt dieser Anteil bereits bei 73 Prozent.
Auffällig ist: Diese Entwicklung betrifft nicht nur neue Nutzergruppen, sondern auch bestehende. Die Arbeit verliert also nicht deshalb an Bedeutung, weil andere Menschen hinzukommen, sondern weil auch erfahrene Nutzer ChatGPT zunehmend im Alltag einsetzen. Die wirtschaftliche Bedeutung generativer KI liegt damit nicht nur in der Effizienzsteigerung bei der Arbeit, sondern auch im privaten Umfeld, etwa bei Bildung, Organisation oder Alltagsentscheidungen.
INSERT_STEADY_NEWSLETTER_SIGNUP_HERE
Drei Nutzungsthemen dominieren
Fast 80 Prozent aller ChatGPT-Nachrichten lassen sich drei Themenfeldern zuordnen:
- Praktische Ratschläge: z. B. Unterstützung beim Lernen, Tipps für den Alltag, Trainingspläne oder kreative Ideen.
- Informationssuche: etwa zu Produkten, Rezepten, Ereignissen oder konkreten Fakten.
- Schreiben: Anfertigung, Überarbeitung oder Zusammenfassung von Texten.
Besonders deutlich wird die Rolle von ChatGPT beim Schreiben im beruflichen Kontext: 40 Prozent aller arbeitsbezogenen Anfragen im Juni 2025 betrafen diesen Bereich. Dabei geht es jedoch nicht in erster Linie um das Erstellen neuer Texte, sondern um die Bearbeitung bereits vorhandener Inhalte, etwa durch Korrekturlesen, Umformulieren oder Übersetzen. Zwei Drittel aller Schreibanfragen dienen genau diesem Zweck und dafür haben sich Sprachmodelle auch vielfach bewährt. Sie sind vor allem Textassistenten, die Rechtschreibung korrigieren oder Texte wie Bewerbungen oder E-Mails nach Wunsch stilistisch umformatieren können.
Sie möchten eine kurze Einschätzung zur SEO-Performance Ihrer Website?
Schreiben Sie mich einfach an und nennen Sie mir die aktuellen Herausforderungen.
Vom “Tun” zum “Fragen”
Neben dem Inhalt wurde auch die Nutzerintention untersucht. Dabei zeigt sich ein klarer Wandel: Statt konkrete Aufgaben an die KI zu delegieren (Doing), stellen Nutzer immer häufiger Fragen, um Entscheidungen besser treffen zu können (Asking). Die dritte Kategorie, das reine Äußern von Gedanken oder Gefühlen (Expressing), spielt nur eine Nebenrolle.
Im Juni 2025 entfielen bereits 52 Prozent aller Interaktionen auf Asking, Doing lag bei nur noch 35 Prozent. Diese Verschiebung zeigt sich besonders deutlich bei hochgebildeten Nutzern in wissensintensiven Berufen. Dort wird ChatGPT verstärkt zur Entscheidungsunterstützung eingesetzt – etwa zur Abwägung von Argumenten, zur strategischen Planung oder zur Klärung komplexer Zusammenhänge.
Zudem schneiden Asking-Anfragen bei der Bewertung der Antwortqualität besser ab: Sie werden von Nutzern häufiger als hilfreich bewertet und erzielen bessere Ergebnisse in automatisierten Qualitätsmessungen.
Wer nutzt ChatGPT?
Die Studie enthält erstmals umfassende demografische Daten zur globalen Nutzung:
- Geschlecht: Zu Beginn war die Nutzung stark männlich dominiert. In den ersten Monaten nach Veröffentlichung trugen etwa 80 Prozent der aktiven Konten männlich konnotierte Vornamen. Bis Juni 2025 hatte sich das Bild deutlich gewandelt: Der Anteil weiblich konnotierter Namen liegt nun sogar leicht über dem männlichen.
- Alter: Knapp die Hälfte aller Nachrichten stammt von Nutzern unter 26 Jahren. Gleichzeitig steigt mit dem Alter der Anteil beruflicher Nutzung. Bei über 40-Jährigen überwiegen arbeitsbezogene Anfragen, bei über 66-Jährigen sinkt dieser Anteil hingegen wieder deutlich.
- Bildung und Beruf: Nutzer mit akademischer Ausbildung in Fachbereichen wie Management, Technik oder Wissenschaft verwenden ChatGPT häufiger für berufliche Aufgaben. Die Inhalte konzentrieren sich dabei auf Informationsbeschaffung, Entscheidungsunterstützung und Textarbeit.
- Geografische Verteilung: Während die Verbreitung in einkommensstarken Ländern bereits 2023 hoch war, hat sich ChatGPT seitdem vor allem in Ländern mit mittlerem und niedrigem Einkommen stark verbreitet. In vielen dieser Regionen ist der Anteil der aktiven Internetnutzer, die ChatGPT verwenden, im vergangenen Jahr überdurchschnittlich gestiegen.
Grenzen und Herausforderungen von ChatGPT
Trotz rasanter Verbreitung bleiben bestimmte strukturelle Probleme bestehen:
Die Qualität der Antworten ist nicht immer verlässlich
Die Studie zeigt: Viele Nutzer bewerten ChatGPT-Antworten positiv – aber das bedeutet nicht automatisch, dass die Antworten auch richtig oder gut sind. Es gibt oft Unterschiede zwischen dem, was die KI für hilfreich hält, und dem, was Menschen als hilfreich empfinden.
Die Forscher haben versucht, diese Qualität zu messen. Dabei kam heraus: Die Bewertungen durch die KI stimmen nur teilweise mit echten Nutzermeinungen überein. Vor allem bei schwierigen Fragen ist die Antwortqualität schwer einzuschätzen.
Nicht alle Themen eignen sich für KI
Bestimmte Themen werden kaum mit ChatGPT besprochen, etwa Gefühle, persönliche Probleme oder Beziehungen. Nur rund 2 Prozent aller Nachrichten fallen in diesen Bereich.
Das zeigt: Die meisten Menschen nutzen ChatGPT nicht, um über Persönliches zu sprechen. Es ist kein „digitaler Freund“, sondern wird eher als Arbeits- oder Lernhilfe verwendet.
Persönliche Daten brauchen Schutz
Die Studie erklärt sehr genau, wie streng die Forscher mit Nutzerdaten umgehen mussten. Keine einzige Nachricht wurde von Menschen gelesen. Alles wurde anonymisiert und automatisch ausgewertet.
Der Aufwand zeigt: Datenschutz ist bei KI ein sensibles Thema. Wer mit ChatGPT arbeitet, gibt Informationen preis, selbst wenn das auf den ersten Blick harmlos wirkt.
Hilfreich heißt nicht automatisch richtig
Viele Menschen halten ChatGPT für nützlich, weil es schnell antwortet und die Antworten logisch klingen. Die Studie warnt aber: Was gut klingt, ist nicht immer richtig.
Vor allem bei komplexen oder wichtigen Fragen, zum Beispiel bei Gesundheit, Finanzen oder Rechtsfragen, sollten Nutzer nicht nur auf die KI-Antworten vertrauen, sondern sich zusätzlich informieren.
Sie möchten eine kurze Einschätzung zur SEO-Performance Ihrer Website?
Schreiben Sie mich einfach an und nennen Sie mir die aktuellen Herausforderungen.
Relevanz für SEO: Antworten statt Klicks
Die Studie liefert auch zentrale Erkenntnisse für die Zukunft von Suchmaschinenoptimierung. ChatGPT wird in zwei klar definierten Rollen genutzt:
In der Kategorie Informationssuche ersetzt ChatGPT zunehmend die klassische Websuche. Nutzer fragen direkt nach Fakten, Produktvergleichen oder Rezepten und erwarten eine sofort verwertbare Antwort, selbst wenn nicht alle Antworten korrekt sind.
Im Bereich Praktische Ratschläge und Schreiben nutzen viele ChatGPT wie einen persönlichen Assistenten zur Textbearbeitung, zur Ideenfindung oder zur Strukturierung von Aufgaben.
Diese Doppelrolle hat direkte Auswirkungen auf SEO:
1. Inhalte müssen antwortfähig sein
Klassische SEO zielte darauf ab, in den Suchergebnissen sichtbar zu sein. Künftig wird entscheidend sein, ob Inhalte von Sprachmodellen direkt als Quelle zitiert oder in die Antwort integriert werden. Dafür müssen Texte klar, präzise und strukturiert sein mit Fokus auf konkrete Antworten. Informationen, die bereits bekannt sind, brauchen künftig keine neuen Quellen mehr, sie werden von KI beantwortet. Es wird künftig viel schwieriger werden, mit Content Aufmerksamkeit und Reichweite zu bekommen.
2. Vertrauen wird zur Währung
Da KI-Modelle nicht nur auf Suchrankings, sondern auf Trainingsdaten angewiesen sind, rückt die Glaubwürdigkeit von Inhalten in den Vordergrund. Marken müssen durch saubere Quellenarbeit, Fachlichkeit und klare Autorschaft Vertrauen aufbauen. Aber auch Google Rankings bleiben wichtig für das sog. “Grounding” der Trainingsdaten, also die Anreicherung mit aktuellen Informationen aus dem Internet.
3. KI wird Teil der Content-Produktion
Die hohe Nutzung von ChatGPT für Schreibaufgaben zeigt: Auch Content-Ersteller selbst werden vermehrt auf KI-Tools zurückgreifen, etwa zur Generierung von Textentwürfen, zur Erstellung von Metadaten oder zur Ideenfindung. Die Grenze zwischen menschlicher und KI-gestützter Produktion wird weiter verschwimmen. Eine komplette Auslagerung der Contentproduktion auf KI-Chatbots ist nicht sinnvoll, da so nur Remixe von bereits bekannten Informationen entstehen, was KI bereits weiß, wird überflüssig. Neue Texte müssen künftig auch einen echten Mehrwert, neue Daten oder Perspektiven bieten. Die Contentproduktion für SEO wird durch KI nicht einfacher, sondern sehr viel anspruchsvoller, da die Menge KI-gestützter oder KI-übersetzter Texte massiv zunimmt.
Kontakt
Udo Raaf (Dipl. Kommunikationswirt) betreibt seit 1999 erfolgreich eigene Websites und gibt sein Wissen heute als strategischer Content- und SEO-Berater an Unternehmen, Agenturen und NPOs weiter.